Internationale Verträge
Auch im internationalen Rechtsverkehr hat eine gute Vertragsgestaltung – also die sorgfältige und widerspruchsfreie Formulierung des Vertragstextes – wesentliche Bedeutung für die reibungslose Abwicklung eines Geschäftes. Der Vertragsschluss mit einem internationalen Partner erfordert die Kenntnis und Bewältigung einer Reihe von Sonderproblemen, die bei der Zusammenarbeit mit einem inländischen Partner nicht auftreten.
Das Beispiel eines internationalen Liefervertrages verdeutlicht exemplarisch die im internationalen Rechtsverkehr auftretenden Probleme.
Der Vertragsschluss sollte aus Beweissicherungsgründen schriftlich erfolgen, und zwar in einer von allen Parteien paraphierten und unterzeichneten Vertragsurkunde. Die Vertragssprache wird in der Regel Englisch sein. Sollte es erforderlich sein, zudem eine Vertragsurkunde in der Muttersprache des Vertragspartners zu unterzeichnen, sollte vereinbart werden, dass im Fall von Divergenzen zwischen den Fassungen die englische Fassung Vorrang hat.
Das deutsche kaufmännische Bestätigungsschreiben ist im internationalen Rechtsverkehr weitestgehend unbekannt. Das Schweigen des Partners auf ein solches Schreiben gilt daher in der Regel nicht als Zustimmung. Zudem sollte beachtet werden, dass die Pro-Forma-Rechnung, von den Beteiligten oftmals als bloßes Zolldokument betrachtet, zumeist ein verbindliches Angebot zum Abschluss eines Vertrages darstellt.
Die vom Verkäufer zu liefernde Ware sollte genau beschrieben werden (Art, Anzahl, Eigenschaften). Ein Eigentumsvorbehalt ist in manchen Ländern (bspw. in der Schweiz und Italien) nur dann wirksam vereinbart, wenn er bei einer bestimmten Stelle registriert wird. Lieferdatum, Lieferort und der Gefahrenübergang sollten – vorzugsweise anhand der INCOTERMS – geregelt werden.
Hauptpflicht des Käufers ist die Zahlung des vereinbarten Kaufpreises, die durch eine Bankgarantie oder einen Letter of Credit (L/C) abgesichert werden sollte.
4. Mängelhaftung / Gewährleistung
Die Rechtsfolgen von Vertragsverletzungen – insbesondere die Folgen einer nicht rechtzeitigen und/oder nicht ordnungsgemäßen Lieferung – sollten ausdrücklich im Vertrag geregelt werden. Es sollte präzise beschrieben werden, unter welchen Voraussetzungen der Käufer Ersatzlieferung, Minderung und/oder Schadensersatz verlangen oder vom Vertrag zurücktreten kann. Beim Fehlen vertraglicher Absprachen kommen gesetzliche Regelungen zur Anwendung. Diese sind den Vertragsschließenden in aller Regel bei Vertragsschluss nicht bekannt und liefern oftmals überraschende – und nicht gewollte – Ergebnisse.
5. Rechte Dritter - Versicherung
Manchmal ist es sinnvoll und notwendig, dass der Verkäufer den Käufer von möglichen Ansprüchen Dritter (wie bspw. Produkthaftungsansprüchen) freistellt, die im Zusammenhang mit dem Kaufgegenstand gegen ihn geltend gemacht werden könnten. Der Verkäufer sollte vor Vertragsschluss mit seiner Versicherung klären, ob seine Versicherungsdeckung die vom Käufer gewünschte Freistellung im Zielland der Waren umfasst.
Es sollte vereinbart werden, welches Recht auf den Vertrag anwendbar ist: das nationale Recht des Käufers, des Verkäufers oder ein drittes – wie bspw. das schweizer Recht. Bei einem Kaufvertrag über Waren ist zudem zu bedenken, dass das sog. UN-Kaufrecht (Übereinkommen der Vereinten Nationen über Verträge über den internationalen Warenkauf) Anwendung findet, wenn es Bestandteil des auf den Vertrag anzuwendenden nationalen Rechts ist und seine Anwendbarkeit nicht ausgeschlossen wird.
Wird die Geltung einer fremden Rechtsordnung vereinbart, sollte der Vertrag vor der Unterzeichnung von einem mit dieser Rechtsordnung vertrauten Rechtsanwalt geprüft werden.
7. Gerichtsstand und Schiedsgericht
Die Vertragspartner sollten sich zudem darüber verständigen, ob im Streitfall ein staatliches oder ein Schiedsgericht zuständig sein soll und wo dieses Gericht seinen Sitz hat. Das Schiedsverfahren unterscheidet sich von einem Verfahren vor einem staatlichen Gericht insbesondere in folgenden Punkten:
- Ein Verfahren vor einem staatlichen Gericht ist öffentlich. Ein Schiedsverfahren findet hingegen unter Ausschluss der Öffentlichkeit statt.
- Staatliche Gerichte wenden die für sie geltende Prozessordnung (wie bspw. die Zivilprozessordnung) an. Die Parteien eines Schiedsverfahrens müssen die Regeln des Schiedsverfahrens (bspw. für die Bestimmung der Schiedsrichter) hingegen selbst festlegen. Dies geschieht in der Regel durch die Wahl einer sog. Schiedsordnung (bspw. der Deutschen Institution für Schiedsgerichtsbarkeit (DIS) mit Sitz in Köln oder dem International Chamber of Commerce (ICC) mit Sitz in Paris).
- Gegen die Entscheidung eines staatlichen Gerichtes können die Parteien ein Rechtsmittel (bspw. Berufung) einlegen, um die Entscheidung des Gerichtes der ersten Instanz von dem nächst höheren Gericht überprüfen zu lassen. Die Entscheidung eines Schiedsgerichtes (der sog. Schiedsspruch) ist für die Parteien jedoch bindend. Es gibt keine Rechtsmittelinstanz.
- Entscheidungen staatlicher Gerichte in Zivil- und Handelssachen können innerhalb der EU in der Regel problemlos vollstreckt werden. Die Vollstreckung in Drittstaaten erfordert unter Umständen jedoch ein zeit- und/oder kostenintensives Verfahren.
Ein Schiedsurteil ist hingegen in den Staaten vollstreckbar, die das New Yorker Übereinkommen über die Anerkennung und Vollstreckung ausländischer Schiedssprüche vom 10. Juni 1958 ratifiziert haben – was inzwischen nahezu weltweit erfolgt ist.
8. Mangels Rechtswahl anzuwendendes Recht
Treffen die Parteien keine Rechtswahl, muss im Streitfall anhand der Regelungen des sog. internationalen Privatrechts ermittelt werden, welches Recht auf den Vertrag Anwendung findet. Dabei sind jeweils die Regelungen des internationalen Privatrechts desjenigen Staates heranzuziehen, in dem bereits Klage erhoben wurde oder erhoben werden soll.
Ist Klage in Deutschland erhoben worden, ist das anwendbare Recht durch das deutsche internationale Privatrecht zu ermitteln.
Will beispielsweise ein deutscher Hersteller seinen italienischen Kunden in Deutschland auf Zahlung des Kaufpreises für die Lieferung von Waren verklagen, kommt nach dem deutschen internationalen Privatrecht das Recht des Staates zur Anwendung, in dem der Lieferant seinen Sitz hat. Entsprechend würde daher deutsches Recht zur Anwendung kommen.
Wurden die Waren jedoch nicht von der deutschen Hauptniederlassung, sondern von der belgischen Niederlassung nach Italien geliefert, würde nach den deutschen Regelungen des internationalen Privatrechts belgisches Recht zur Anwendung kommen. Anschließend wäre anhand des internationalen belgischen Privatrechts zu prüfen, ob dieses zu demselben Ergebnis kommt.
Treffen die Parteien keine Rechtswahl, fehlt in der Regel auch eine Gerichtsstandsvereinbarung. In diesem Fall bestimmt sich das zuständige Gericht nach den Bestimmungen des jeweils anwendbaren nationalen Rechts.
Es empfiehlt sich daher dringend, eine Rechtswahl zu treffen und einen Gerichtsstand zu vereinbaren.
9. Verträge mit Common Law-Struktur
Häufig wird ein internationaler Vertrag, der von einem amerikanischen Anwalt nach US-amerikanischem Recht strukturiert wurde, als Muster für einen Vertrag verwendet, der jedoch der Anwendung eines anderen – bspw. deutschen – Rechts unterliegen soll.
Common law-Rechtssysteme und die (kontinentaleuropäischen) civil law-Rechtssysteme weisen jedoch fundamentale Unterschiede auf. Da Verträge auf das jeweils anwendbare Recht zugeschnitten sind, ist eine unveränderte Übernahme eines US-Vertrages in europäische Rechtsordnungen in der Regel nicht ratsam. Denn es können Regelungen übernommen werden, die unter dem gewählten europäischem Recht zu nicht gewollten Ergebnissen führen oder es können Regelungen fehlen, die nach US-Recht nicht erforderlich, nach dem europäischen Recht aber wünschenswert oder sogar dringend erforderlich sind.
Verträge mit common law-Struktur sollten daher vor Unterzeichnung von einem Rechtsanwalt geprüft werden, der mit dem von den Parteien gewählten Recht vertraut ist.